<span id="hs_cos_wrapper_name" class="hs_cos_wrapper hs_cos_wrapper_meta_field hs_cos_wrapper_type_text" style="" data-hs-cos-general-type="meta_field" data-hs-cos-type="text" >Neue Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes an die Gebäudeautomation</span>

Neue Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes an die Gebäudeautomation

Lesezeit: ca.: 16 Minuten

Mit dem GEG 2024 wurde für Nichtwohngebäude erstmals eine Forderung nach einem „Automatisierungsgrad B oder besser“ eingeführt. Was ist das im Detail und für welche Gebäude oder Bauvorhaben ist das zu beachten?

Was sind die Automatisierungsgrade?

Die Automatisierungsgrade sind in der DIN V 18599, Teil 11 definiert und unterscheiden sich in die Grade D (geringste Automation) bis A (umfangreichste Automation). Im Folgenden sind die Anforderungen an die Automatisierungsgrade des Nichtwohngebäudes aufgeführt, für die es eine Umsetzungsvariante zugunsten der Automatisierungsgrade B oder A gibt – immerhin ist das der relevante Aspekt, um „B oder besser“ zu erfüllen.

 

Gebäudeautomation und Automatisierungsgrad

Heizung

Referenz Anforderungen A-Grad
Wärmeübergabe (Raumheizung Raumhöhen < 4m) - Arten der Regelung der Raumtemperatur
H-1-1-3 Automatisierte örtliche Regelung mit Kommunikation (z. B. Zeitprogramme Vorlauftemperaturadaption) B
H-1-1-4 Bedarfsgeführte Einzelraumregelung mit Kommunikation (s.o.) und automatischer Präsenzerfassung A
Wärmeübergabe (Hallenheizung Raumhöhen > 4m) - Arten der Regelung der Raumtemperatur
H-1-3-3 Automatisierte örtliche Regelung mit Kommunikation (z. B. Zeitprogramme Vorlauftemperaturadaption) B
H-1-3-4 Bedarfsgeführte Einzelraumregelung mit Kommunikation (s.o.) und automatischer Präsenzerfassung A
Wärmeübergabe (Hallenheizung Raumhöhen > 4m) - Intermittierender Betrieb
H-1-4-3 Zeitprogramm mit optimiertem Ein-/Ausschalten A
Wärmeverteilung - Regelung der Vorlauftemperatur
H-2-1-3 Bedarfsgeführte Vorlauftemperaturregelung A
Wärmeverteilung - Regelung bzw. Steuerung der Umwälzpumpen
H-2-2-3 Differenzdruckregelung B
H-2-2-4 Bedarfsgeführtes Pumpenmanagement mit Kommunikation A
Wärmeerzeugung
H-3-3 Witterungsgeführte Regelung einschließlich Raumtemperaturaufschaltung B
H-3-4 Bedarfsgeführte Regelung mit Kommunikation A

 

Energieeffizienz verbessern durch Touchpanel

Gut beraten vom Fachmann - F10A steuert Heizungsanlage im EFH

Kühlung

Referenz Anforderungen A-Grad
Kälteübergabe - Intermittierender Betrieb
C-1-2-3 Zeitprogramm mit optimiertem Ein-/Ausschalten A
Kälteübergabe - Verriegeln Heizen/Kühlen
C-1-3-2 Teilverriegelung B
C-1-3-3 Vollständige Verriegelung A
Kälteverteilung - Regelung der Kaltwassertemperatur
C-2-1-3 Bedarfsgeführte Vorlauftemperaturregelung A
Kälteverteilung - Regelung bzw. Steuerung der Umwälzpumpen
C-2-2-3 Differenzdruckregelung B
C-2-2-4 Bedarfsgeführtes Pumpenmanagement mit Kommunikation A
Kälteerzeugung
C-3-2 Bedarfsgeführte Regelung A

 

RLT/Klimatisierung

Referenz Anforderungen A-Grad
Luftvolumenstromregelung
V-4-1-3 Präsenzabhängige Steuerung B
V-4-1-4 Bedarfsabhängige Regelung (CO2 VOC) A
Luftaufbereitung: Regelung der Systemkühlleistung RLT
V-4-4-4 kühllastabhängig variabler Volumenstrom und bedarfsgeführte Temperatur mit Kommunikation A

 

Beleuchtung

Referenz Anforderungen A-Grad
Regelung bzw. Steuerung des Kunstlichtes
L-1-3 Tageslichtabhängig gedimmtes System (abschaltend automatisch wiedereinschaltend) A
L-1-4 Tageslichtabhängig gedimmtes System (abschaltend manuell wiedereinschaltend) A
Präsenzerfassung
L-2-2 Mit Präsenzmelder A
Regelung bzw. Steuerung des Sonnenschutzes
L-3-3 Automatisch betriebener Sonnen- bzw. Blendschutz mit Lamellennachführung A

 

Technisches Gebäudemanagement

Referenz Anforderungen A-Grad
Zentrale Anpassung an die Anforderungen der Nutzer
M-2 Zentrale Anpassung B
M-3 Zentrale Anpassung an Optimierung A

 

Dabei ist zu beachten, dass zur Gewährleistung des „Automatisierungsgrad B oder besser“ möglich jede Frage von jedem Gewerk dieses Kriterium erfüllen muss. Nun ist in der DIN V 18599-11 aufgeführt: „Wenn der Einfluss einer Automatisierungsfunktion weniger als 5% Anteil am Gesamtenergiebedarf besitzt, ist diese Funktion nicht bestimmend für die Einordnung des Gesamtautomationsgrades“. Dies bedeutet, dass man eine Automatisierungsfunktion übergehen darf, wenn man eine entsprechend nachvollziehbare und nachprüfbare Berechnung erstellen kann.

Anforderungen gemäß Gebäudeenergiegesetz 2024 (kurz GEG 2024)

Die gesetzlichen Anforderungen sind im GEG im § 71a aufgeführt. Dabei gibt es zu den Formulierungen leider unterschiedliche juristische Interpretationen.

Zu den juristisch nicht eindeutigen Anforderungen hat das BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) eine Stellungnahme veröffentlicht, wobei diese mit dem Hinweis beginnt, dass das keine rechtverbindliche Aussage ist und vor Gericht anders entschieden werden kann.

Die folgende Tabelle zeigt die Übersicht der Anforderungen. Ein Haken steht für juristisch eindeutige Anforderungen. Ein Fragezeichen ist dort hinterlegt, wo sich juristischer Interpretationsspielraum ergibt. Dort wo ein Querstrich eingetragen ist, bestehen keine gesetzlichen Anforderungen aufgrund des § 71a.

Die erste Zeile der Tabelle führt „Energieüberwachungstechnik“ auf. Im Wesentlichen ist das die Überwachung, Protokollierung und Analyse der Verbräuche aller Hauptenergieträger aber auch aller gebäudetechnischen Systeme. Letzteres kann aufwendig werden, da dazu eine Einbindung dieser Systeme über Schnittstellen und Protokolle erforderlich ist. Des Weiteren müssen die Daten über „gängige und frei konfigurierbare Schnittstellen (firmen- und herstellerunabhängig)“ zugängig gemacht werden, so dass über externe Tools Effizienzverluste erkannt und zuständige Personen über mögliche Verbesserungen der Energieeffizienz informiert werden. Zur Umsetzung ist somit die Einführung eines EMS (Energiemanagementsystem) auf Basis der ISO 50001 sinnvoll bzw. erforderlich.

In Bezug auf die Automatisierungsgrade gelten die zuvor darstellten Anforderungen an den „Automatisierungsgrad B oder besser gemäß DIN V 18599-11“.

 

Bestands-NWG

Neubau-NWG

 

≤ 290 kW

> 290 kW

≤ 290 kW

> 290 kW

Energieüberwachungstechnik
inkl. Datenaustausch

/

/

Automatisierungsgrad
sowie Kommunikation

/

?

?

 

NWG - Nichtwohngebäude

Automatisierungsgrad in Bestandsgebäuden

Sofern in einem Bestandsgebäude die Nennleistung der Heizungs-/Klimaanlage den Wert von 290 kW nicht überschreitet, sind keine gesetzlichen Anforderungen aufgrund des § 71a zu beachten.

Sollte dieser Schwellwert überschritten werden, ist auf jeden Fall eine Energieüberwachungstechnik inkl. Datenaustausch über firmen- und herstellerunabhängige Schnittstellen zu gewährleisten. Unklar ist, ob dann auch der „Automatisierungsgrad B oder besser“ umgesetzt werden muss. Gemäß Stellungnahme des BMWK ist das nicht erforderlich und sofern dieser Automatisierungsgrad nicht aus eigener Motivation (Reduktion der Betriebskosten) eingeführt wird, empfiehlt sich eine Aktennotiz mit Verweis auf diese Stellungnahme des BMWK. Sollte bei einem Bestand-NWG eine größere Renovierung im Heizungs- oder Kältebereich stattfinden – z.B. der Tausch eines Ölkessels gegen eine Wärmepumpe – sollte allerdings auch der Planer mit dem Auftraggeber explizit abstimmen, inwiefern der Automatisierungsgrad berücksichtigt werden soll. Denn wie erwähnt besteht die Möglichkeit, dass Gerichte die Mindestanforderungen anders interpretieren, als das vom BMWK geplant war. Wenn zwischen Planer und Auftraggeber die Automationsanforderungen festgelegt bzw. ausgeschlossen werden, läuft man später nicht Gefahr, dass der Auftraggeber eine Untererfüllung einklagt.

Gebäudeautomation im Büro

Raumbediengerät solo sorgt im Smart Building durch integrierte Sensoren und Steuerungstouch für angenehmes Klima. 

Automatisierungsgrad im Neubau

Sofern bei einem neu zu errichtenden Gebäude die Nennleistung der Heizungs-/Klimaanlage den Wert von 290 kW überschreitet, sind eindeutig der Automatisierungsgrad B sowie die system- und herstellerübergreifen Kommunikation zwischen allen gebäudetechnischen Systemen und Anwendungen zu gewährleisten.

Sollte dieser Schwellwert unterschritten werden, stellt sich die Frage, ob die aufgeführten Anforderungen ebenso gelten. Gemäß BMWK sollte das nicht der Fall sein, aber wie zuvor ist das nicht rechtsverbindlich und könnte vor Gericht anders entschieden werden. Somit empfiehlt sich auch hier eine Aktennotiz und exakte Beschreibung bzw. Ausschluss der Automationsanforderungen zwischen Auftraggeber und Planer.

 

Fazit und weitere Informationen zum Gebäudeenergiegesetz

Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die Gebäudeautomation einen wesentlichen Beitrag zur Energieeffizienz leistet und somit einige Anforderungen – zumindest im Nichtwohngebäude – erhoben.

Weitere Informationen dazu sowie die Stellungnahme des BMWK (Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz) im exakten Wortlaut sind in einem kostenlosen Whitepaper verfügbar.

 

 


Prof. Dr. Michael Krödel

Geposted von Prof. Dr. Michael Krödel am 09. August 2024

Ich bin Professor für Gebäudeautomation und -technik an der Technischen Hochschule Rosenheim sowie Geschäftsführer des Instituts für Gebäudetechnologie. Außerdem bin ich eingetragener Energieberater („dena Energieeffizienz-Experte“). Ich bin Mitglied im VDI-Richtlinienausschuss zur VDI 3814 (Gebäudeautomation), in der Jury für den Award der SmartHome-Initiative und im wissenschaftlichen Beirat des Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker Bundesverbands e.V. (GIH). Mein Arbeitsschwerpunkt liegt darin, die Themen „Smart Building“ und „E-Mobility“ über pragmatische Vorgehensweisen und Hilfsmittel für die Praxis anwendbar zu machen.

Zurück zum Blog